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Rindfleisch à la Bourguignonne – Originalrezept von Auguste Escoffier (Le Guide Culinaire, 1903)

Rindfleisch à la Bourguignonne – Originalrezept von Auguste Escoffier (Le Guide Culinaire, 1903)

Das Gericht, das wir heute als „Bœuf Bourguignon“ kennen, wurde erstmals 1867 im Grand Dictionnaire Universel von Pierre Larousse als Beispiel für ein zum „bourguignonne“-Stil zubereitetes Gericht erwähnt – das heißt in Rotwein geschmort. Es handelt sich nicht um ein mittelalterliches burgundisches Gericht, sondern um einen „Pariser Weineintopf“, der in den Pariser Bouillons (insbesondere im Bouillon Duval ab 1854) populär wurde, bevor er Anfang des 20. Jahrhunderts in Burgund auftauchte.

Dieses Gericht wurde am Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts von zwei kulinarischen Autoritäten codifiziert:

  • Auguste Escoffier in Le Guide Culinaire (1903),

  • und später Auguste Colombié in La Cuisine Bourgeoise (1906).


Rindfleisch à la Bourguignonne – Originalrezept von Auguste Escoffier (Le Guide Culinaire, 1903)

Zutaten für 6 Personen
– 1,5 kg Rindfleischstücke, die für lange Garzeiten geeignet sind, wie Bruststück (Gîte à la noix), Bug (Maceruse), Schulter (Paleron) oder Wade (Jumeau) (vermeiden Sie sehr magere Stücke wie Filet oder sehr rustikale wie Backen)

Escoffiers Fleischempfehlung:
Für ein in Rotwein stundenlang gegartes Ragout bevorzugt Escoffier Fleischstücke mit viel Bindegewebe (Kollagen), die beim langsamen Garen zart werden, ohne auseinanderzufallen. Zu den besten gehören Bruststück (fest und gallertartig), Bug (ausgewogen und zart), Schulter (klassisch und weich) und Wade (weniger fett, aber geschmacksintensiv). Rinder- oder Ochsenschwanz kann hinzugefügt werden, um der Sauce mehr Substanz zu verleihen. Rinderbacken, heute sehr beliebt, galten damals als zu rustikal und wurden kaum in der bürgerlichen Küche Escoffiers verwendet.

– 150 bis 200 g ungeräucherter, gesalzener Schweinebauch
– 1 gelbe oder weiße Zwiebel
– 1 Karotte
– 1 Esslöffel Mehl
– 75 cl Bourgogne-Rotwein

Weinwahl nach Escoffier:
Escoffier empfiehlt einen trockenen Bourgogne-Rotwein guter Qualität, der sowohl bei der Zubereitung als auch zur Aromatisierung des Gerichts verwendet wird. Der Wein sollte kräftig genug sein, um die lange Garzeit zu überstehen und der Sauce aromatische Tiefe zu verleihen. Traditionell wird ein einfacher, aber ausdrucksstarker Pinot Noir verwendet. Verwenden Sie keinen zu alten oder teuren Wein, da das Kochen seine Aromen konzentriert und verändert.

– 1 Bouquet garni (1 Zweig frischer oder getrockneter Thymian, 1 Lorbeerblatt, einige Petersilienstängel oder -blätter nach Belieben)
– Bratfett (vorzugsweise Schweineschmalz)
– Salz, Pfeffer


Zubereitung der Speckstreifen
Schneiden Sie den ungeräucherten, gesalzenen Schweinebauch in Streifen (Lardons).
Geben Sie sie in kaltes Wasser, lassen Sie es aufkochen und dann 5–10 Minuten köcheln.
Abseihen und sorgfältig abtrocknen. Das Blanchieren entfernt übermäßiges Salz und mildert den Geschmack.
Dünsten Sie die Lardon-Streifen anschließend in etwas Fett (Schmalz oder Bratfett), bis sie leicht gebräunt sind. Beiseitelegen.

Zubereitung des Rindfleischs
In derselben Pfanne bei Bedarf etwas Fett nachgeben. Braten Sie die vorbereiteten Fleischstücke rundherum kräftig an, bis sie schön gebräunt sind. Arbeiten Sie portionsweise, um Überfüllung zu vermeiden. Beiseitelegen mit dem Speck.

Aromatische Vorbereitung
Im verbliebenen Fett die Zwiebel in Scheiben und die Karotte in Scheiben andünsten. Fleisch und Speck wieder in den Topf geben. Mehl darüber streuen und gut umrühren, sodass alles leicht bemehlt ist.

Ablöschen und langsames Garen
Mit Rotwein auffüllen, bis das Fleisch bedeckt ist. Das Bouquet garni hinzufügen. Leicht salzen (aufgrund der Salzstücke vorsichtig sein) und pfeffern. Kurz aufkochen lassen, dann auf sehr niedriger Hitze weitergaren.
Abdecken und langsam 2,5 bis 3 Stunden köcheln lassen, oder im niedrigen Backofen bei etwa 150 °C garen, bis das Fleisch butterzart ist.

Fertigstellung und Servieren
Das Bouquet garni entfernen. Abschmecken. Heiß servieren mit dampfgegarten Kartoffeln, frischer Pasta oder rustikalem Brot. Wie viele Saucengerichte gewinnt es an Geschmack, wenn es einen Tag vorher zubereitet und dann sanft wieder erwärmt wird.


Historische Anmerkungen
– Butter wird in diesem Rezept nicht verwendet. Escoffier empfiehlt hitzestabile Fette wie Schmalz.
– Geräucherter Speck wurde nicht verwendet; nur ungeräucherter, blanchierter Schweinebauch entspricht der klassischen oder bürgerlichen Küche.
– In der Originalversion kommen keine Tomaten, Tomatenmark, Pilze oder Perlzwiebeln vor.


Historische Entwicklung von „Rindfleisch à la Bourguignonne“ – Ein kulinarischer Stammbaum

1. Römische Antike (1. Jh. v. Chr. – 4. Jh. n. Chr.)
Die Römer nutzten schon lange Garverfahren in Flüssigkeiten. Wein wurde oft abgekocht oder mit Honig gemischt, um Fleisch zart zu machen und zu aromatisieren. In Apicius‘ De re coquinaria finden sich Schmorgerichte mit Schwein oder Wild, gekocht in Wein mit Gewürzen, Garum und getrockneten Früchten.

Obwohl Rindfleisch weniger geschätzt wurde (als zäh und utilitaristisch betrachtet), wurden zähe Fleischstücke gekocht oder geschmort, besonders in ländlichen oder militärischen Küchen. Die Idee eines in Wein gegarten, lang gekochten Eintopfs war bereits vorhanden, auch wenn mit anderen Aromen (exotische Gewürze, Kräuter, süß-saure Kombinationen).

2. Frühmittelalter (5.–11. Jh.)
Schriftliche Quellen sind rar, doch die Kochpraxis setzt römische Techniken fort. Fleisch wurde langsam in Kesseln geschmort. Wein war teuer und kam hauptsächlich in Klöstern oder Adelshäusern zum Einsatz. Häufig verwendete man Essig, Gerstenbier oder saure Brühen. Fleisch wurde mit Kräutern, Wurzeln, manchmal Lauch oder Knoblauch gekocht – Vorläufer des sauren, gewürzten Rinderschmorgerichts.

3. Spätmittelalter und Renaissance (12.–16. Jh.)
Erste Kochbücher entstehen. Rezepte für Suppen, Brühen und Rinderschmorgerichte mit Wein oder Verjus sind belegt. Sie sind eher rustikal; das Ziel ist, zähes Fleisch durch lange Flüssigkeitsgarzeit zart zu machen. Einige Gerichte enthalten Rotwein, Gewürze, Schweinefett und Gemüse. Der Grundgedanke des "Bourguignon" (Fleisch + Wein + Aromen) existiert bereits, allerdings in anderer Form und mit anderem Geschmack – mittelalterliche Küche bevorzugt saure oder süßsaure Noten.

4. 17.–18. Jahrhundert
Die Techniken verfeinern sich. Rotwein wird in bürgerlichen Küchen Standard. Spezifische Stücke zum Schmoren werden gezielter gewählt. Bouquet garni, Speck, Karotten und Zwiebeln werden zu klassischen Schmorzusammenstellungen. Der Ausdruck „à la bourguignonne“ bezeichnet nun eine Methode: Fleisch (oft Rind oder Gockel) mit Rotwein, Speck, Zwiebeln und Kräutern schmoren. Es ist noch kein einzelnes Gericht, sondern ein regionaler Stil.

5. 19. Jahrhundert – Namensgebung und Codifizierung
Im 19. Jahrhundert taucht der konkrete Name „Rindfleisch à la Bourguignonne“ auf. Das Gericht wird populär in Pariser Bouillons – insbesondere beim Bouillon Duval in den 1850er Jahren – und tritt in die bürgerliche Küche ein.
Auguste Escoffier codifiziert eine klare, klassische Version in seinem Guide Culinaire (1903), ohne Pilze, Butter oder Tomaten. Auguste Colombié bietet in La Cuisine Bourgeoise (1906) eine rustikalere Abwandlung nahe der regionalen Tradition: vielfältigere Fleischteile, üppigere Garnitur (Perlzwiebeln, Pilze) und reichhaltigere Sauce.


Fazit
„Rindfleisch à la Bourguignonne“ ist kein Nachfolger eines einzelnen historischen Gerichts, sondern das Ergebnis einer langen Evolution:

  • von römischen Schmorverfahren mit Wein,

  • zu mittelalterlichen bäuerlichen Eintöpfen,

  • zu bürgerlichen Verfeinerungen des 17.–18. Jahrhunderts,

  • bis zur modernen Kodifizierung im ausgehenden 19. Jahrhundert.

Es ist der Höhepunkt eines jahrhundertalten kulinarischen Erbes, verwurzelt in der französischen Landküche und gehoben durch bürgerliche Kochkunst.

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