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Kaninchenrezept nach Art von Meister Chiquart (um 1420)

Kaninchenrezept nach Art von Meister Chiquart (um 1420)

Historischer Kontext

Meister Chiquart, Küchenchef am Hof des Herzogs Amadeus VIII. von Savoyen, ist der Autor eines der ältesten französischen Kochbücher mit dem Titel Le Livre de cuisine, auch bekannt als Du fait de cuisine. Dieses Buch, um 1420 verfasst, zeugt von seiner kulinarischen Expertise und ist eine bedeutende Quelle für das Verständnis mittelalterlicher Küche. Es ist mehr als eine einfache Rezeptsammlung – es ist ein Handbuch zur Organisation großer fürstlicher Bankette mit genauen Angaben zu Mengen, Geräten, Techniken und dem benötigten Personal.

Herzog Amadeus VIII., eine zentrale Figur Europas im 15. Jahrhundert und später als Gegenpapst Felix V. gewählt, machte den Hof von Savoyen zu einem Ort von großem Prestige. Die Rezepte von Meister Chiquart spiegeln eine elitäre, prunkvolle Küche wider, die darauf ausgelegt war, die Gäste durch Fülle, Inszenierung und Raffinesse zu beeindrucken. Luxus-Zutaten wie Gewürze, Wild und seltene Fische waren in diesen repräsentativen Gerichten allgegenwärtig.

Im Le Livre de cuisine sind die Rezepte zwar um einfache Kochtechniken (Braten, Brühen, Füllungen) aufgebaut, verwenden aber eine große Vielfalt an Gewürzen und aufwendigen Kompositionen. Kaninchen, ein gängiges Wild, wird mit Kräutern, Wein und feinen Gewürzen zubereitet. Daneben präsentiert Meister Chiquart eine Palette typischer Gerichte des mittelalterlichen aristokratischen Tisches.

Fleisch und Wild

  • Gebratener Schwan: gefüllt und anschließend mit den Federn zum optischen Effekt gebraten – eine gängige Praxis bei mittelalterlichen Banketten.

  • Schweinebraten mit Kamelinensoße: eine Soße auf Basis von Brot, Wein, Essig, Zimt, Nelken und Ingwer.

  • Hirschragout (Civet): Hirschfleisch, langsam mit Rotwein, Zwiebeln und Gewürzen geschmort.

Fische (oft an Fastentagen serviert)

  • Gefüllter Hecht mit grüner Soße: eine feine Füllung, serviert mit einer Kräuter-Brot-Soße.

  • Stör in Galantine: gekochter Fisch, übergossen mit einer Soße aus reduziertem Fond, Brot und Gewürzen, teilweise mit Blattgold dekoriert.

Pasteten und Kuchen

  • Fleischpastete (Cretonnée): Hackfleischfüllung gewürzt mit Ingwer, Salbei und Käse.

  • Aalpastete: gewürzt und manchmal süß-salzig, typisch für den mittelalterlichen Geschmack.

Suppen und Brühen

  • Hühnerbrühe: gekochte Hühner in gewürztem Fond, mit altbackenem Brot und Eigelb zum Binden.

  • Kichererbsen-Mandel-Suppe: cremige Suppe aus Hülsenfrüchten und Mandelmus, mit Zucker gesüßt.

Nachspeisen und Zwischenmahlzeiten

  • Weißes Dessert (Blanc-manger): Gericht aus Geflügel, Mandelmilch, Reis und Zucker – mal süß, mal salzig.

  • Farbige Weingelee: gewürzte Gelee, oft mit Safran oder Fruchtsaft rot oder gelb gefärbt.

Getränke und Soßen

  • Grüne Soße: frische Kräuter zerstoßen mit Brot, Essig und Gewürzen.

  • Hypocras (Hippocras): gewürzter und gesüßter Rotwein, durch ein Tuch gefiltert.

Die Rezepte von Meister Chiquart verkörpern die ostentative Kochkunst des Mittelalters: Fülle, Farbenspiel, Duftreichtum und soziale bzw. religiöse Symbolik. Diese Gerichte sollten nicht nur nähren, sondern vor allem die Macht, Kultur und Raffinesse des Hofes repräsentieren.


Kaninchen nach Art von Meister Chiquart

Zutaten:

  • 1 ganzes Kaninchen, in Stücke zerlegt

  • ½ Glas Rot- oder Weißwein

  • 1 gehackte Zwiebel

  • 1 Prise Salz

  • 1 Prise Pfeffer

  • 1 Prise gemahlener Ingwer

  • 1 Prise gemahlener Zimt

  • 1 Kräutersträußchen (Thymian, Lorbeer)

  • 1 Esslöffel Butter oder Schmalz (Schweineschmalz, altes Speckfett)

Zubereitung:

  1. Das Kaninchen zerteilen und die Stücke gründlich waschen. Abtupfen.

  2. Das Fleisch in heißem Fett anbraten, bis es schön Farbe nimmt.

  3. Die gehackte Zwiebel hinzufügen und sanft anschwitzen.

  4. Mit Salz, Pfeffer, Ingwer und Zimt würzen. Gut vermischen.

  5. Mit Wein ablöschen. Bratensatz abkratzen.

  6. Kräutersträußchen und etwas Wasser oder Brühe hinzufügen.

  7. Zugedeckt 45 Minuten bis 1 Stunde sanft schmoren lassen.

  8. Abschmecken und mit Landbrot oder saisonalem Gemüse (Rüben, Pastinaken) servieren.


Kulinarischer Kontext und Zutatenverwendung

Gewürze im Mittelalter

In der höfischen mittelalterlichen Küche hatten Gewürze einen zentralen Stellenwert. Ingwer, Zimt, Nelken und Muskat kamen über Karawanenrouten aus dem Orient und waren sehr teuer. Ihr Gebrauch zeigte sowohl die kulinarische Raffinesse als auch den Reichtum des Hausherrn. Diese Aromen dienten dazu, das Fleisch zu verfeinern, gelegentlich leichte Frischemängel zu kaschieren, vor allem aber die Gäste zu beeindrucken.

Kräuter

Im Unterschied zu Gewürzen wurden Kräuter wie Thymian, Lorbeer, Petersilie oder Salbei lokal in Klostergärten oder Kräutergärten angebaut. Sie wurden verwendet, um Brühen, Soßen und Fleischgerichte, wie Wild, zu aromatisieren.

Wein in der Küche

Der Einsatz von Wein als Soßenbasis oder zum Ablöschen der Bratflüssigkeit war üblich. Er brachte eine leichte Säure und zusätzliche Aromentiefe.

Das Erbe von Meister Chiquart

Chiquarts Werk erinnert daran, dass Gastronomie ebenso eine Frage sozialer Darstellung wie des Geschmacks ist. Seine Rezepte zeigen die Gastlichkeit des 15. Jahrhunderts: Fülle, technische Meisterschaft und sinnlicher Reichtum.

Das Kaninchen, einfach und edel zugleich, wird zum Spiegel einer Zeit, in der der Tisch Bühne für Macht und Prestige war.

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